UT: Der Dachverband Hospiz Österreich ruft Kinderhospiz- und Palliativtag ins Leben
In Österreich leben rund 5000 Kinder und Jugendliche mit einer lebensverkürzenden Erkrankung, davon rund 1150 in Wien. In der Öffentlichkeit sind sie und ihre Familien wenig beachtet – Krankheit und Tod von Kindern und Jugendlichen sind nach wie vor ein gesellschaftliches Tabuthema. Deshalb ruft Hospiz Österreich den Österreichischen Kinderhospiz- und Palliativtag (1. Juni) ins Leben. Er hat zum Ziel, auf die Situation schwerkranker Kinder und ihrer Familien aufmerksam und die Arbeit der Hospiz- und Palliativeinrichtungen bekannt zu machen.
Situation in Wien
In Wien sind zwei spezialisierte Kinderhospiz- und Kinderpalliativteams im Einsatz: das Kinderhospiz Netz und das Kinderhospiz- und Kinderpalliativteam MOMO.
Das Kinderhospiz Netz wurde 2005 gegründet, weil es bis dahin in Österreich keine Möglichkeit gab, ein schwerkrankes Kind daheim zu betreuen. Die Tochter von Kinderhospiz Netz Obfrau Sabine Reisinger wurde im Spital geboren und musste nach Monaten auch dort sterben. Daher gründete Reisinger gemeinsam mit einer Palliativmedizinerin den Verein Netz und brachte damit die Kinderhospizarbeit in Österreich auf den Weg. Seither konnte das Kinderhospiz Netz weit über 100 Familien, in denen ein Kind mit begrenzter Lebenserwartung lebt, jene Hilfe geben, die sie so dringend brauchen.
MOMO wurde 2013 von Caritas, Caritas Socialis und MOKI unter der Leitung von Dr.in Martina Kronberger-Vollnhofer gegründet. In den acht Jahren seines Bestehens hat MOMO über 400 schwerstkranke Kinder, Jugendliche und ihre Angehörigen unterstützt. Derzeit betreut MOMO rund 100 Familien im Großraum Wien. Neben ihrem Engagement bei MOMO vertritt Dr.in Kronberger-Vollnhofer die Anliegen schwerstkranker Kinder und Jugendlicher als Kinderhospizbeauftragte im Dachverband Hospiz Österreich, leitet die AG Palliativmedizin der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde und ist Vorstandsmitglied der Österreichischen Palliativgesellschaft.
Die Zahl schwerstkranker Kinder steigt
Die Zahl der Anfragen steigt bei beiden Organisationen ständig an. Grund dafür ist der enorme medizinische Fortschritt, der es vielen, zum Teil von Geburt an chronisch schwerkranken Kindern und Jugendlichen ermöglicht, wesentlich länger zu leben. Wichtig ist, dass den betroffenen Familien bereits frühzeitig palliativmedizinische Betreuung zur Verfügung steht.
Die beiden Wiener Kinderhospiz- und Kinderpalliativteams MOMO und NETZ unterstützen die Familien auf vielfältige Weise. Ziel ist immer, dass die jungen PatientInnen trotz ihrer schweren Erkrankung möglichst beschwerdefrei zuhause leben können und möglichst viele schöne Momente erleben. „Der Alltag von Familien mit unheilbar kranken Kindern ist ein ständiger Balanceakt zwischen Leben und Tod, Hoffnung und Verzweiflung, Freude und Leid. Der Tanz auf dem Seil ist Sinnbild für diesen Balanceakt, deshalb haben wir dieses Symbol für den österreichischen Kinderhospiztag gewählt“, erklärt Kronberger-Vollnhofer. „Wenn wir von Kinderpalliativ- und Kinderhospizarbeit sprechen, dann sprechen wir also von Lebensbegleitung“.
Die Mehrzahl der von MOMO und NETZ betreuten Kinder und Jugendlichen leidet an lebensverkürzenden Stoffwechsel-, Muskel- oder neurologischen Erkrankungen. So individuell und vielfältig die Lebenssituationen der jungen PatientInnen und ihrer Familien sind, so unterschiedlich und vielfältig gehen die Organisationen auf deren Bedürfnisse ein. Palliativteams arbeiten immer multiprofessionell und bestehen aus ÄrztInnen, TherapeutInnen, Gesundheits- und KrankenpflegerInnen, PsychologInnen und SozialarbeiterInnen. In der täglichen Arbeit werden sie von ehrenamtlichen Kinder-Hospizbegleiterinnen unterstützt. Die Unterstützung durch MOMO und NETZ ist für die Familien kostenlos – so lange und so oft sie sie in Anspruch nehmen möchten.
Das MOMO-Palliativteam steht laufend in Kontakt mit den Kinderabteilungen und Intensivstationen der Wiener Krankenanstalten, in denen die jungen PatientInnen bei Bedarf stationär behandelt werden. Besonders enge Kooperationen bestehen mit dem St. Anna Kinderspital und der Kinderonkologischen Abteilung am AKH Wien. Dieses Zusammenspiel von stationärer und extramuraler Versorgung ermöglicht die bestmögliche Betreuung der Kinder und Jugendlichen. Viele der jungen PatientInnen sind aufgrund ihrer körperlichen Beeinträchtigungen nicht mobil, Ortswechsel sind nur mit großem Aufwand zu bewerkstelligen. „Deshalb ist es wichtig, dass die mobilen MOMO-Teams zu den Familien nach Hause kommen“, betont Kronberger-Vollnhofer. „So unterstützen wir die Kinder und Jugendlichen und ihre Familien oft über lange Zeit, in guten und weniger guten Tagen, im Lachen und im Weinen.“ MOMO begleitet Kinder, Jugendliche und ihre Familien auch in den schwersten Stunden am Ende des Lebens. Allein im Jahr 2020 sind 31 von MOMO betreute Kinder und Jugendliche an ihrer lebensverkürzenden Krankheit verstorben. Mit Hilfe von MOMO war es 20 Familien möglich, zuhause im engsten Kreis Abschied zu nehmen. „Trauerarbeit ist uns im MOMO-Team sehr wichtig“, betont Kronberger-Vollnhofer. „Sie beginnt schon bei der Diagnosestellung, wenn sich Eltern von vielen Träumen und Wünschen, die sie für ihr Kind hatten, verabschieden müssen – und sie dauert an, noch lange nach dem Abschied.“
Das Kinderhospiz Netz betreut Kinder und Jugendliche mit lebensverkürzenden Erkrankungen ebenfalls zu Hause und bietet auch Tages- und Wochenendbetreuung an. Das Team, bestehend aus einem multiprofessionellen Kinder-Palliativteam und geschulten ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, geht auf die Bedürfnisse des kranken Kindes und seiner Angehörigen ein. Für jede der über 50 betreuten Familien wird ein individuelles Betreuungspaket geschnürt. Dabei hat die Entlastung der Familie und die Begleitung der gesunden Geschwister einen hohen Stellenwert. „‘Wir begleiten das Leben‘, unter diesem Motto arbeiten wir im Kinderhospiz Netz“, so Obfrau Sabine Reisinger. „Denn Familien, in denen ein lebensverkürzend erkranktes Kind lebt, benötigen neben medizinischer, pflegerischer und psychosozialer Unterstützung Entlastung im Alltag und bei der Betreuung ihres kranken Kindes. Einmal eine Nacht durchschlafen zu können, einmal ein ganzes Wochenende für sich zu haben, das ist etwas, wovon manche Familien nur träumen können. Wir haben diese Träume in unserer Tages- und Wochenendbetreuung umgesetzt. Mit 1:1 Betreuung durch diplomierte Pflegepersonen können Kinder von Montag bis Freitag den ganzen Tag bei uns verbringen und immer wieder ein Wochenende. Für die Eltern ist das eine Pause, die sie dankbar annehmen. Dank Medizin werden auch sehr kranke Kinder oft zu kranken Jugendlichen und jungen Erwachsenen, daher ist die Entlastung dieser Familien ganz besonders wichtig“.
Situation in Österreich
In Österreich setzen 32 spezialisierte pädiatrische Hospiz- und Palliativeinrichtungen ihr Knowhow für die Betreuung und Begleitung von Familien mit schwerstkranken Kindern ein. 2020 haben die 15 Mobilen Kinder-Palliativteams über 6400mal schwerkranke Kinder und ihre Familien besucht, die 12 Kinder-Hospizteams haben über 1000 Besuche geleistet. Auf Pädiatrischen Palliativbetten wurden 109 PatientInnen und ihre Familien in Krisensituationen versorgt, das Stationäre Kinder-Hospiz mit psychosozialer Ausrichtung hat 48 PatientInnen und ihre Familien für einen Entlastungsaufenthalt aufgenommen. Therapie-, Erholungs- und Urlaubsangebote ergänzen das Angebot, indem sie den schwerkranken Kindern und ihren Familien Entlastung bieten, und Trauerangebote unterstützen in der Zeit der Trauer.
https://www.kinder-hospiz.at/1-juni-oesterreichischer-kinderhospiz-und-palliativtag/
Bildtext: Dr.in Martina Kronberger-Vollnhofer und ihr Palliativ- und Hospizteam betreuen schwerstkranke Kinder zuhause. Ziel ist, den Kindern ein möglichst beschwerdefreies Leben und den Familien möglichst viele wunderschöne Momente zu ermöglichen.
Credit: Martina Konrad-Murphy/MOMO
Rückfragehinweise
MOMO Kinderhospiz und Kinderpalliativteam | Kinderhospiz Netz |
Susanne Senft | Irene Eberl |
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